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Am 30. September 2020 fand der UN-Gipfel zur biologischen Vielfalt, genauer zum Thema „Dringende Maßnahmen zur Biodiversität für eine nachhaltige Entwicklung“, statt.
Die Biodiversität umfasst die Artenvielfalt, die genetische Vielfalt innerhalb einzelner Arten sowie die Vielfalt der Ökosysteme. Sie ist die Grundlage allen Lebens auf unserem Planeten, auch die des Menschen.
Vor 41 Jahren – im September 1979 – wurde das völkerrechtliche Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume, das 46 europäische Staaten ratifiziert haben, abgeschlossen.
Dies erfolgte dezidiert …
Es gab bis heute keine wirksamen Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität. Der Verlust an biologischer Vielfalt ging und geht – ungeachtet der ungezählten Versprechungen – ungebremst weiter.
In der EU sind mit der Vogelschutzrichtlinie und der FFH-Richtlinie die rechtlichen Voraussetzungen zur Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt vorhanden.
Bereits vor über 40 Jahren wurde in der Vogelschutzrichtlinie festgehalten: „Bei vielen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten wildlebenden Vogelarten ist ein Rückgang der Bestände festzustellen, der in bestimmten Fällen sehr rasch von statten geht. Dieser Rückgang bildet eine ernsthafte Gefahr für die Erhaltung der natürlichen Umwelt, da durch diese Entwicklung insbesondere das biologische Gleichgewicht bedroht wird.“.
Die Vogelbestände haben seitdem gravierend abgenommen, die biologische Vielfalt wurde erheblich weiter geschädigt.
In der FFH-Richtlinie wurde vor 28 Jahren festgestellt: „Der Zustand der natürlichen Lebensräume im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten verschlechtert sich unaufhörlich. Die verschiedenen Arten wildlebender Tiere und Pflanzen sind in zunehmender Zahl ernstlich bedroht. Die bedrohten Lebensräume und Arten sind Teil des Naturerbes der Gemeinschaft, und die Bedrohung, der sie ausgesetzt sind, ist oft grenzübergreifend; daher sind zu ihrer Erhaltung Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene erforderlich.“.
Die Rechtsgrundlagen zum Habitat- und Artenschutz und zur Wiederherstellung der Schutzgüter, so dass zumindest der normierte günstige Erhaltungszustand erreicht ist, wird von den Mitgliedsstaaten großteils ignoriert: die Verluste an Beständen der Lebensraumtypen und die Verluste an Habitaten und an Individuen der zu schützenden Arten sind erschreckend. Der Zustand der Biodiversität wurde bis heute weiter in hohem Tempo verschlechtert (EEA 2015 und 2020, IPBES 2018 und 2019).
1992 wurde im Übereinkommen über die biologische Vielfalt festgestellt, …
Diese internationale völkerrechtliche Konvention wurde unter anderem …
… verfasst – 196 Staaten sind Übereinkommensparteien.
Wie durch ungezählte wissenschaftliche Untersuchungen zweifelsfrei belegt, hat die Biodiversität nach 1992 ungebremst, vielfach sogar beschleunigt abgenommen.
Wie dringend die Maßnahmen für die Erhaltung und Wiederherstellung der Biodiversität sind, verdeutlichen die aktuellen Zahlen zum Verlust und zur Gefährdung von Arten und Ökosystemen:
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, stellte im September 2020 unmissverständlich fest: „Die Menschheit führt Krieg gegen die Natur.“.
Nach Jahrzehnten der Untätigkeit bei der Umsetzung von normierten Biodiversitätserhaltungs- und -wiederherstellungsmaßnahmen, der Kriegführung gegen die Natur und trotz der zweifelsfrei bekannten Fakten über die Auswirkungen des menschlichen Handelns auf das Leben auf der Erde wurden auch jetzt wieder vollmundig Zusagen formuliert und Versprechen auf höchster Ebene abgegeben, wie etwa die im September 2020 von 75 Staaten und der EU gegebene „Zusage der Staats- und Regierungschefs für die Natur“ [1].
Aber: „Das erste Opfer eines jeden Krieges ist die Wahrheit“ und die Liste der gebrochenen Zusagen im Krieg gegen die Natur ist lang, sehr lang.
Das letzte große Versprechen für die Natur erfolgte vor zehn Jahren mit den Aichi-Zielen [2] zur Umsetzung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt, die bis spätestens 2020 zu erfüllen waren.
Der UN-Generalsekretär fasst die Fakten zur Umsetzung der Aichi-Ziele im September 2020 mit einem Satz zusammen: „Wir haben keines der vor zehn Jahren in Japan festgelegten Ziele für die biologische Vielfalt erreicht“ und nennt auch den Grund dafür: „das Hauptproblem ist wie immer der Mangel an politischem Willen“.
Und aktuell?
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach auf dem UN-Biodiversitätsgipfel: „Umweltzerstörung und Klimawandel und damit auch der Verlust der biologischen Vielfalt beschleunigen sich in einem Ausmaß, das es in der Menschheitsgeschichte bislang nicht gegeben hat. Das bedroht Lebensqualität, Wirtschaftssysteme und den sozialen Zusammenhalt.“.
Am Tag darauf ließ Deutschland, um nur ein Beispiel zu nennen, Hundertschaften der Polizei aufmarschieren, um die Rodungen im Herrenwald und Dannenröder Wald für den Bau der Autobahn 49 gegen alle Proteste durchzusetzen (Scheuring 2020, FAZ 2020, taz 2020a, Schipkowski 2020).
Das Straßenbauprojekt bedeutet noch mehr schwerwiegende Lebensraumvernichtungen und -zerschneidungen in den für die Biodiversität wertvollen Altwäldern, die teils sogar als FFH-Gebiet [3] ausgewiesen sind. Die Lebensraumvernichtung erfolgt für die Erweiterung eines Straßennetzes, das in Deutschland bereits jetzt 830.000 km umfasst (BMVI 2019 und 2020) – also mehr als 21 mal um den Äquator der Erde reicht.
Ebenso aktuell: Die massive Vernichtung von Lebensräumen für den Bau einer Tesla-Gigafactory in Grünheide im deutschen Bundesland Brandenburg – bislang ohne Verträglichkeitsprüfung. Das Projekt verschlingt hunderte Hektar Fläche, viel Wald wurde bereits gerodet (Prösser 2020a, Messmer 2020), hunderte Hektar Lebensräume, die für die dringende Wiederherstellung der Biodiversität zusätzlich fehlen.
Aber nicht nur die Lebensraumvernichtung an sich, sondern auch die Folgeschäden sind gravierend:
Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen gab zum Besten: „Niemals zuvor besaßen wir eine derart erdrückende wissenschaftliche Beweislast zur Verfasstheit unserer Natur und der biologischen Vielfalt sowie die Ursachen für deren Verlust. Aber zum ersten Mal in unserer Geschichte haben wir echte Chancen, ‚das Spiel zu ändern‘, wichtige Schritte in Richtung einer veränderten Wirtschaft, Politik und unserer Gesellschaft zu machen.“.
Selbst wenn man außer Acht lässt, …
… strebt Österreich keine Erhaltung oder gar eine Wiederherstellung der biologischen Vielfalt an – Beispiele:
Österreich hat es beim Erhaltungszustand der Arten durch seine Vernichtungspolitik bereits auf den zweitletzten Platz in der EU geschafft (EEA 2020) [4], dies obwohl Österreich durch seinen hohen Anteil an alpinen, siedlungsfreien Lebensräumen für die Natur weit mehr Freiräume zur Verfügung haben müsste als viele andere EU-Staaten.
Für Frankreich sprach die Ministerin für den ökologischen Übergang, Barbara Pompili: „Heute kann niemand mehr den Klimawandel, die Verschlechterung der Ökosysteme und das Massensterben der Arten ignorieren. Niemand kann die Augen vor dem globalen Ausnahmezustand für die Natur und für alle unsere menschlichen Gesellschaften verschließen. […] Ich sage: Schließen wir uns zusammen, gruppieren wir uns neu, handeln wir gemeinsam, seien wir ehrgeizig und entschlossen […].“.
Eine Woche danach wurde bekannt, dass der französische Reifenkonzern Michelin [5] für ein als ökologisch-nachhaltigen Kautschukanbau deklariertes und beworbenes „Umweltprojekt“ in Indonesien 2.590 ha Regenwald abholzen ließ, davon 1.298 ha in einem Naturschutzgebiet (Wijeratna et al. 2020, Otten et al. 2020, Müller 2020).
Natürlich verspricht auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen „unseren Planeten auf einen Weg der Genesung zu bringen. Wir wollen den Verlust der biologischen Vielfalt und die Verschlechterung der Ökosysteme stoppen und umkehren. Wir müssen dies für Wohlstand und Gesundheit tun, um die Lebensgrundlagen zu sichern, den Hunger zu bekämpfen und klimaneutral zu werden.“.
Aber genau gegen die „Genesung des Planeten“ arbeitet die Europäische Union mit Hochdruck an:
Wie sich dieses gegen geltendes Recht und leere Versprechungen gerichtete Handeln der EU-Staaten auf den Erhaltungszustand der Natur auswirkt, wurde am 19. Oktober 2020 im „State of nature in the EU“ (EEA 2020) einmal mehr eindrücklich dokumentiert. Medien titelten am Tag der Veröffentlichung:
Konkret konnte in der Europäischen Union ...
… kein günstiger Erhaltungszustand festgestellt werden.
Abb. 1: In der Europäischen Union befinden sich lediglich 15 % der FFH-Lebensraumtypen und 27 % der FFH-Arten in einem günstigen Erhaltungszustand (, EEA 2020).
Abb. 2: Die Erhaltungszustände der FFH-Lebensraumtypen (links) und der FFH-Arten (rechts) in den EU-Mitgliedstaaten: günstig, unzureichend, schlecht und unbekannt (EEA 2020).
Bei der Betrachtung der hergestellten miserablen Erhaltungszustände der Schutzgüter von gemeinschaftlichem Interesse und der Biodiversitätszerstörungen in den EU-Mitgliedstaaten gerät schnell in Vergessenheit, dass unser Lebenstil zusätzlich schwerwiegende Zerstörungen auch außerhalb der Grenzen der Europäischen Union nach sich ziehen.
Taherzadeh et al. (2020) haben bei der Untersuchung weltweiter Handelsverbindungen und Warenströme in einer Globalisierungsbilanz für 189 Staaten belegt, dass die natürlichen Ressourcen in einem Großteil dieser Länder bereits gefährdet sind, primär durch Ausbeutung für die Befriedigung der Wünsche der Einwohner der „reichen Welt“.
Um die Größenordnung unseres schädlichen Handelns jenseits der Landesgrenzen einschätzen zu können: z.B. erfolgt der Verbrauch von Land und Wasser für den österreichischen Konsum zu mehr als drei Vierteln außerhalb Österreichs (siehe auch ORF 2020b).
Kaum ein Redner zum Biodiversitätsgipfel am 30. Septemer 2020 verzichtete darauf, die Biodiversitätskrise zusammen mit dem Mainstreamthema „Klimawandel“ anzuführen. Dabei gingen manche Staats- und Regierungschefs so weit, tatsachenwidrig die Bekämpfung des Klimawandels als Heilmittel für die Biodiversitätskrise darzustellen.
Die Bekämpfung des Klimawandels ist ein Aspekt im globalen Umweltschutz. Der Klimawandel bedroht das Leben auf der Erde, steht im wissenschaftlichen Ranking aber um einiges hinter der Gefährdung, die vom Verlust der Biodiversität ausgeht (Rockström et al. 2009, Raworth 2012, Steffen et al. 2015, Rockström 2015, Newbold et al. 2016, Meier 2017, Häyhä 2018, IPBES 2018) [7].
Erforderlich sind wirksame Maßnahmen zur erheblichen Reduktion von Treibhausgasemissionen, die bei einer Gesamtbetrachtung mit allen Umweltbereichen vereinbar sind – und darunter fallen Wasser- und Windkraft nicht: Zum einen, weil sie die biologische Vielfalt und die Umwelt massiv beeinträchtigen, und zum anderen, weil sie überhaupt keinen nennenswerten Beitrag zur Energieproduktion leisten und damit auch hinsichtlich der Reduktion der Treibhausgasemissionen nicht merklich wirksam werden.
Mit der Errichtung und dem Betrieb von 98.098 Windkraftanlagen und einer Versiebenfachung der installierten WKA-Nennleistung in den letzten 15 Jahren in der Europäischen Union (Fried et al. 2018, Pineda & Tardieu 2018) können gerade einmal 1,15 % der Energieversorgung in der EU durch Windkraft gedeckt werden (Austrian Energy Agency 2018, siehe Abb. 3).
Ähnlich sieht es bei der Wasserkraft aus: 19.286 Wasserkraftwerke in der EU (Schwarz 2019) decken gerade einmal 1,33 % des Energiebedarfs in der Europäischen Union (Austrian Energy Agency 2018, siehe Abb. 3).
Abb. 3: Energiefluss in der Europäischen Union (Angaben in Petajoule, PJ) basierend auf den Energiebilanzen von Eurostat Mai 2018 (relevanter Diagrammausschnitt aus Austrian Energy Agency 2018, rote Schrift zwecks Übersichtlichkeit eingefügt): Der Gesamtenergiebedarf in der EU umfasst 94.932 PJ (Summe aus „Primary production“, „Imports“ und „Stock changes“), der Anteil von Windkraft bei der Energieproduktion beträgt 1.090 PJ = 1,15 %, der von Wasserkraft 1.260 PJ = 1,33 %.
An den Onshore-Windkraftanlagen in der EU werden schon jetzt (WKA-Ausbaustand Ende 2017) jedes Jahr rund ...
… getötet.
Viele der getöteten Vogel- und Fledermausarten sind bereits in hohem Maße gefährdet und haben in der EU einen ungünstigen Erhaltungszustand.
Dabei ist bei Fledermäusen besonders zu beachten: O‘Shea et al. (2016) haben nachgewiesen, dass Kollisionen mit Windkraftanlagen für die Gruppe der Fledermäuse die häufigste Todesursache darstellen. Aufgrund der äußerst niedrigen Reproduktionsrate bei Fledermäusen ist jede über der natürlichen Todesrate liegende Mortalitätssteigerung problematisch und populationsgefährdend (Barclay & Harder 2003, Encarnação 2005, Rodrigues et al. 2016).
Hinzu kommen großflächige Lebensraumvernichtungen und Zerschneidungen durch Zuwegungen und Kraftwerksstandorte sowie durch die stark schwankende Verfügbarkeit des Stroms aus Windkraftanlagen notwendige Energiespeicherung durch Pumpspeicher, Batteriefarmen, Power-to-Gas-Anlagen etc.
Wasserkraft unterbindet jegliche Wanderung der Fließgewässerbewohner und führt daher zu Veränderungen der genetischen Strukturen von Populationen. Selbst wenn für Fische Aufstiegshilfen (Fischtreppen etc.) errichtet werden, bleibt der Austausch für andere Organismengruppen wie Krebse, Schnecken etc. unmöglich.
Es wird die für zahlreiche Arten und Ökosysteme notwendige Gewässerdynamik zerstört. Die Errichtung von Wasserkraftwerken verursacht Fragmentierungen des Grundwasserstromes, Zerstörungen von Aubereichen und reduziert die Wasserverfügbarkeit im Unterwasser vielfach erheblich (geringe Restwassermengen). Hinzu kommen die regelmäßig wiederkehrenden Stauraumspülungen [10], bei denen Millionen Lebewesen getötet werden.
Die Tatsachen ignorierende, blind auf einen behaupteten Klimaschutz fokussierte Politik, mit der der Kraftwerksindustrie Milliarden Steuergelder überwiesen und unser aller Lebensgrundlagen vernichtet werden, ist gegen die Grundrechte und das Unionsumweltrecht gerichtet und gegen jede Moral.
Ein wirksamer Klimaschutz kann nicht produktionsseitig erfolgen, indem wir mit immer mehr Kraftwerkskapazitäten, Energiespeicherprojekten (Pumpspeicher, Batteriefarmen, Power-to-Gas-Industrieanlagen etc.) und Verteilungsinfrastruktur (Mittel-, Hoch- und Höchstspannungsleitungen) eine unersättliche Energienachfrage befriedigen. Ein wirksamer Klimaschutz kann nur verbrauchsseitig erfolgen – also durch massive Reduktion des Energiebedarfs.
Dies belegt auch die aktuelle Prognose der OPEC (2020) über die Entwicklung des weltweiten Energiebedarfs in den kommenden 25 Jahren.
Aktuell – Stand: Ende 2019 – liegt der jährliche Energiebedarf weltweit bei 645.566 PJ [11] (OPEC 2020). Davon stammen (siehe auch Abb. 4) ...
Abb. 4: Der weltweite Energiebedarf wurde 2019 zu 81,3 % durch fossile Energieträger () befriedigt, die restlichen 18,7 % erbringen Kernenergie (), Biomasse () und „erneuerbare“ Energien (, Wasser, Wind, Solar, …).
Obwohl die OPEC (2020) in ihren Prognoseberechnungen von einem massiven Ausbau der Energieproduktion aus „erneuerbaren“ Resourcen weltweit ausgeht, konkret um 315 % in den kommenden 25 Jahren, steigt die Energieproduktion auf Basis fossiler Energieträger weiter (siehe Abb. 5) und somit steigen in gleichem Maße die CO2-Emissionen und die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre (siehe Abb. 6).
Abb. 5: Prognose der Entwicklung des durch fossile Energieträger (Erdöl, Kohle, Erdgas) befriedigten weltweiten Energiebedarfs bis 2045 (aus OPEC 2020). Mit dem Anstieg der fossilen Energie steigen in gleichem Maße die CO2-Emissionen und damit auch die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre.
Abb. 6: Die Entwicklung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre von 1984 bis 2019 (aus WMO 2019).
Die Förderung der Wind- und Wasserkraft ist Symbolpolitik …
Über Naturgesetze können wir nicht verhandeln. Naturgesetze sind unumstößlich, sie bilden einen unveränderlichen Handlungsrahmen. Wenn wir diesen Rahmen verlassen, werden wir scheitern.
So wie niemand von einem Hochhaus springt und erwartet, dass er unten gesund ankommt, so können wir nicht das Klima oder die Biodiversität schädigen und annehmen, dass wir keinen Schaden erleiden. Der einzige Unterschied: Während beim Sprung vom Hochhaus die Konsequenzen kurze Zeit später sichtbar werden, vergehen bei der Klima- oder Biodiversitätszerstörung teilweise Jahrzehnte, bis die angerichteten Schäden spürbar werden (siehe beispielsweise Tilman et al. 1994, Dullinger et al. 2013, Hylander & Ehrlén 2013, Essl et al. 2015a und 2015b, WMO 2019).
Die Auswirkungen unserer schädlichen Handlungen auf die lebenserhaltenden Systeme unseres Planeten sind jedenfalls seit über 40 Jahren bekannt – wir sind schon längst vom Hochhaus abgesprungen und nicht mehr weit vom Boden, dem Ort des unweigerlich tödlichen Aufpralls, entfernt.
Dennoch ignoriert die Politik die Tatsachen und verfolgt unbeirrt ihre Ideologien: sei es mit Milliarden für den Ausbau von Wind- und Wasserkraft, mit Milliarden für die Agrarindustrie, mit Milliarden für den Straßenbau etc. Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet, zu verhindern, dass die letzte Möglichkeit für das Ziehen der Reißleine genutzt wird.
[1] „Leaders' Pledge for Nature“, als Unterzeichnerstaaten sind mit Stand 30. September 2020 genannt: Albania, Andorra, Armenia, Austria, Bangladesh, Barbados, Belgium, Belize, Bhutan, Bolivia, Bosnia and Herzegovina, Bulgaria, Canada, Colombia, Comoros, Costa Rica, Cyprus, Czech Republic, Denmark, Djibouti, Fiji, Finland, France, Gabon, Georgia, Germany, Greece, Guatemala, Honduras, Hungary, Iceland, Ireland, Israel, Italy, Jordan, Kenya, Latvia, Lebanon, Lesotho, Lithuania, Luxembourg, Maldives, Malta, Mexico, Moldova, Monaco, Montenegro, Morocco, Nepal, Netherlands, New Zealand, Nigeria, Norway, Pakistan, Palau, Panama, Paraguay, Peru, Portugal, Republic of Marshall Islands, Republic of North Macedonia, Republique du Congo, Romania, San Marino, Seychelles, Slovakia, Slovenia, Spain, Sri Lanka, St Lucia, Sweden, Switzerland, The Gambia, Timor Leste, UK, Uganda.
[2] Aichi Biodiversity Targets, 2010 in der Präfektur Aichi (Japan) formulierte 20 Ziele zur Umsetzung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt. Die Ziele waren bis spätestens 2020 zu erreichen, drei davon bereits 2015.
[3] Natura 2000 FFH-Gebiet „Herrenwald östlich Stadtallendorf“ (DE5120303), unter anderem ausgewiesen für die Schutzgüter „Hainsimsen-Buchenwald“ (LRT 9110), „Waldmeister-Buchenwald“ (9130), „Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-Hainbuchenwald“ (9160), „Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior“ (91E0), Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii), Großes Mausohr (Myotis myotis) als zwei von 13 im Wald nachgewiesenen Fledermausarten.
[4] Auf dem letzten Platz des Rankings liegt das artenreiche Land Kroatien, der als jüngster EU-Mitgliedsstaat den Erhaltungszustand von 47 % der im Land vorkommenden FFH-Arten bislang noch nicht bewerten konnte (siehe auch Abb. 2).
[5] Manufacture Française des Pneumatiques Michelin.
[6] Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, Veröffentlicht im ABl. Nr. L 328 vom 21. Dezember 2018 [zuvor Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG, veröffentlicht im ABl. Nr. L 140 vom 05. Juni 2009].
[7] Rockström et al. (2009) ermitteln, dass der Klimawandel nach Biodiversitätsverlust und gestörtem Stickstoffkreislauf als drittgrößte Gefahr für das Leben auf der Erde zu werten ist. Raworth (2012), Steffen et al. (2015) und Meier (2017) bestätigen diese ökologischen Belastungsgrenzen, Steffen et al. (2015) und Meier (2017) stellten zusätzlich fest, dass inzwischen die Landnutzungsänderungen zusätzlich vor der Klimaänderung einzuordnen sind.
[8] Die unabhängigen wissenschaftlichen Untersuchungen von Lekuona (2001), Dulac (2008), Krijgsveld et al. (2009), Brenninkmeijer (2011), Smallwood (2013), Everaert (2014) und Aschwanden & Liechti (2016) kommen für Europa im Mittel auf 16,69 Vogelopfer pro MW WKA-Nennleistung und Jahr. Ende 2017 waren in der EU 153.008 MW WKA-Nennleistung am Netz (Pineda & Tardieu 2018) • 16,69 getötete Vögel pro MW WKA-Nennleistung und Jahr = 2.553.704 durch WKAs getötete Vögel pro Jahr in der EU.
[9] Die unabhängigen wissenschaftlichen Untersuchungen von Hötker 2006, Arnett et al. 2008 und 2016, Dulac 2008, Leuzinger et al. 2008, Rydell et al. 2010, Brinkmann et al. 2011, Cryan 2011, Arnett & Baerwald 2013, Hayes 2013, Korner-Nievergelt et al. 2013, Smallwood 2013 und Rodrigues in Arnett et al. (2016) kommen für Europa im Mittel auf 9,79 Fledermausopfer pro MW WKA-Nennleistung und Jahr. Ende 2017 waren in der EU 153.008 MW WKA-Nennleistung am Netz (Pineda & Tardieu 2018) • 9,79 getötete Fledermäuse pro MW WKA-Nennleistung und Jahr = 1.497.948 durch WKAs getötete Fledermäuse pro Jahr in der EU.
[10] Oberhalb des Wasserkraftwerks sammeln sich die vom Fluss mitgebrachten Sedimente und verkleinern so andauernd den Stauraum des Wasserkraftwerks und damit die Wassermenge, die in den Turbinen für die Stromproduktion sorgen soll. Um dem entgegenzuwirken, werden von Zeit zu Zeit die Sedimente mit großen Mengen Wasser abgelassen. Dies verursacht durch Sedimentverfrachtungen, starke Strömungen, Verwirbelungen, Temperaturveränderung, Sauerstoffreduktion etc. die Tötung und Schädigung von Gewässerlebewesen. Gleichzeitig werden mit dem sehr schnellen Trockenfallen von Flachwasserzonen im Oberwasser des Kraftwerkes schwere Schädigungen der Gewässerlebewesen verursacht. Hinzu kommt der Verlust des groben Geschiebes im Unterwasser des Kraftwerks, das aber für Sohlenstabilisierung und zur Schaffung natürlicher Strukturen, die Laichplätze, Lückenlebensräume etc. bilden, erforderlich wäre. Überdies versiegeln die abgelassenen Feinsedimente das für zahlreiche Gewässerbewohner lebensnotwendige Kieslückensystem.
[11] Eine Reihe von Berichten, so auch OPEC (2020), verwenden als Energieeinheit Million barrels of oil equivalent (mboe): 1 mboe = 6,1178632 PJ [Petajoule].
[12] Mehrere Publikationen stellen die Biomasse in die Gruppe der erneuerbaren Energien und sprechen diesen eine CO2-Neutralität zu. Dem kann bei genauer Betrachtung nicht gefolgt werden, weshalb die Statistik die Biomasse gesondert ausweist. So ist z.B. Stroh unter hohem treibhausgasrelevantem Aufwand (Saat, Düngung, Ernte, Weiterverarbeitung, Transport) entstanden, der sich in der CO2-Bilanz negativ auswirkt, und Holz, das vielfach aus weit entfernten Quellen stammt, verursacht bei Ernte, Aufbereitung (Hackschnitzel, Pellet, ...) und Transport einen hohen Energieaufwand und führt überdies durch die starke Beanspruchung der Waldböden (Harvester- und/oder Forwarderbefahrung, Forststraßen), zum Verlust von Kohlenstoffsenken, was sich erheblich negativ in der CO2-Bilanz niederschlägt.
[13] Insbesondere bei der Windnutzung zur Energieproduktion ist der hohe Energiebedarf und damit die CO2-Emissionen zu berücksichtigen: das sind in erster Linie die Herstellung der markant sichtbaren, mehrere hundert Meter hohen Kraftwerksanlagen, die Fundamente für die Anlagen, der Rückbau der Anlagen in der Regel bereits nach 15 Jahren sowie die großflächige Zerstörung von CO2-Senken durch den Flächenverbrauch für die Herstellung von kilometerlangen Zufahrten, Kranstellplätzen etc.
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